Vom Glühwurm zum Lauffeuer: Joss Whedons "Firefly" 
Filmbesprechung "Serenity" 
Interview mit Joss Whedon
, Nathan Fillion und Summer Glau
Joss, Nathan & Summer in Hamburg, Fotos


Vom Glühwurm zum Lauffeuer: Joss Whedons "Firefly" 


cover

    Eins der gnadenlosesten Beispiele für den real existierenden Kapitalismus findet sich im kommerziellen US-Fernsehen. Nicht Qualität ist es, die hier zählt, sondern die per Quotenbox ermittelten Zuschauerzahlen entscheiden, wer die Entertainment-Füllsel zwischen den teuren Werbespots zur besten Sendezeit liefern darf. Wohl kaum jemand hat in letzter Zeit diese Realität so bitter zu spüren bekommen wie Joss Whedon. Vom Time-Magazine unlängst als einer der "derzeit interessantesten Schöpfer populärer Kultur" bezeichnet, versuchte der kreative Kopf hinter den langjährigen Kult-TV-Serien "Buffy" und "Angel" im Jahr 2002, sich einen ganz besonderen Traum zu erfüllen: "Firefly" war der Titel seines dritten Fernsehprojekts, einer Science-Fiction-Serie mit kräftigem Western-Einschlag, die die Lebensspanne des namensgebenden Glühwürmchens kaum überdauern sollte – und dank einer treuen Fangemeinde inzwischen trotzdem Geschichte geschrieben hat.

     Denn Joss Whedon blieb mit seinem Traum nicht lange allein. Zwar waren es nicht die angepeilten sechs Millionen Zuschauer, die die Abenteuer des "Firefly"-Raumschiffs Serenity vor dem Bildschirm verfolgten, sondern nur vier Millionen – denen Sender und Produzent Fox das Leben denkbar schwer machte, indem man die Folgen in unregelmäßigen Abständen und verdrehter Reihenfolge ausstrahlte --, doch kaum verschwand "Firefly" nach nur zehn Folgen (plus Pilotfilm, der als Gipfel der Ironie zum Schluss gesendet wurde) wieder aus dem Äther, als ein ungeahnt breites Publikum zu begreifen begann, was es da versäumt hatte. Als "Firefly", zunächst nur in den USA, auf DVD erschien, wurde aus dem Glühwürmchen ein Lauffeuer. Endlich bekamen – und nutzten -- Fans wie Skeptiker die Möglichkeit, nicht nur die zehn ausgestrahlten Folgen und den Pilofilm, sondern auch drei weitere, nie gesendete Folgen in der richtigen Reihenfolge zu sehen, und was es da zu sehen gab, war ein einzigartiger Fall von hoch intelligenter, origineller Unterhaltung.

    500 Jahre in der Zukunft ist Malcolm Reynolds, ein jüngerer und vielschichtigerer Verwandter des Star-Wars-Helden Han Solo mit einem ironischen Hauch von Robin Hood und einem ordentlichen Schuss John Wayne, Besitzer des Raumschiffs "Serenity". Unabhängig sowohl vom totalitären Allianz-Regime als auch von jeder anderen Art von Auftraggeber, bereist es mit seiner sechsköpfigen Crew die den Lebensbedingungen auf der ehemaligen Erde angepassten Planeten und verdingt sich als Frachtschiff für Güter aller Art. Dass Reynolds die Fracht manchmal mit kriminellen Mitteln erst selbst aquirieren muss, stört ihn in der Regel nicht. Als er mit dem Arzt Simon Tam und seiner übersinnlich begabten Schwester River zwei Passagiere an Bord nimmt, die sich als von der Allianz verfolgte Genies entpuppen, beschließt er, sie zu schützen, und der Mann, der alles verloren hat außer seiner Freiheit und seinem zynischen Humor, findet in dem bunten Häuflein ungewöhnlicher Charaktere auf seinem Schiff den Motor, der sein Lebensantrieb wird.

    Unkonventionelle, improvisierte Familien, eine treffsichere Mischung aus Drama, Komödie und Action, relativ unbekannte, aber brillante Schauspieler, ein geradezu kinotauglicher visueller Erzählstil, ein liebevoller Einsatz von Musik und vor allem messerscharfe Dialoge prägten schon die Vorgänger-Serien, verbanden sich aber bei "Firefly" in Vollendung. Anderthalb Wochen, bevor mit "Serenity" am 24.11. die Kinoversion des viel zu früh verschrotteten Raumschiffs in Deutschland anläuft, erscheint die TV-Serie, in den USA als Silberling längst ein Bestseller, der es beim Online-Kaufhaus amazon.com bei fast 2000 Kundenbesprechungen auf eine Fünf-Sterne-Empfehlung bringt, auch hierzulande auf DVD. Und auch wenn ihr Schöpfer Joss Whedon gesteigerten Wert darauf legt, dass sie zum Verständnis des Kinostreifens nicht notwendig ist, bleibt sie ein strahlender Fixstern in den unendlichen Weiten oft allzu mäßiger Serienunterhaltung. 

    Bärbel Schnell


Die Rückkehr des Han Solo: "Serenity"   

    Wenn die jüngsten drei “Star-Wars”-Episoden einen seelenloseren Eindruck machen als ihre zwanzig Jahre älteren Vorgänger, so mag dies nicht unwesentlich daran liegen, dass ihnen einer der prägnantesten Charaktere aus George Lucas' Fantasie-Universum fehlte -- Han Solo, Berufszyniker und freiberuflicher Weltraum-Spediteur mit kreativ-krimineller Ader, war ein erfrischendes Gegengewicht zur zunehmend in Bürokratie und Heldenposen erstarrten Jedi-Kultur. Ein gutes halbes Jahr nach dem Kinostart von “Episode III” legt nun Joss Whedon, vom Time-Magazine unlängst als einer der “derzeit interessantesten Schöpfer populärer Kultur” bezeichnet, in seinem Kino-Erstling “Serenity” dem Publikum einen jüngeren und vielschichtigeren Seelenverwandten Han Solos ans Herz:

    500 Jahre in der Zukunft bereist Malcolm Reynolds als Kapitän des altmodischen Raumfrachters “Serenity” die Galaxie, deren Planeten den Lebensbedingungen auf der ehemaligen Erde angepasst wurden. Unabhängig sowohl vom totalitären Allianz-Regime als auch von jeder anderen Art von Auftraggeber, hält er sich und seine kleine Crew mit Güter- und Passagiertransporten über Wasser. Dass Reynolds die Fracht manchmal mit kriminellen Mitteln erst selbst aquirieren muss, stört ihn in der Regel nicht. Dass die Allianz, für die eine bessere Gesellschaft gleichbedeutend mit einer kontrollierten Gesellschaft ist, den brutalen “Operative” auf seine übersinnlich begabte Dauerpassagierin River Tam ansetzt, setzt allerdings Beschützer- und Kämpferinstinkte in ihm frei, die er längst verloren glaubte.

    Unkonventionelle, improvisierte Familien, eine treffsichere Mischung aus Drama, Komödie und Action, relativ unbekannte, aber brillante Schauspieler, ein sinnlich-visueller Erzählstil, ein liebevoller Einsatz von Musik und vor allem messerscharfe Dialoge prägten schon Whedons TV-Dauerbrenner “Buffy” und “Angel”, bevor sich diese Elemente bei seiner ebenso brillanten wie leider kurzlebigen Science-Fiction-Serie “Firefly” (jetzt auch in Deutschland auf DVD erhältlich) in Vollendung verbanden. “Serenity” ist nun die Leinwandadaption dieser Serie, und wenn Whedon nach einer Reihe fragmentarischer Intro-Szenen, die Rivers von der Allianz zermartertes Hirn symbolisieren, das Schiff “Serenity” und seine Bewohner in einer fast fünfminütigen, ungeschnittenen Kamerafahrt als den ungeteilten Mikrokosmos präsentiert, wo die hochbegabte junge Frau ganz und gar sie selbst sein kann, so ist das tatsächlich Erzähl-Kino pur. “Genau wie Shakespeare hat er es nicht nötig, sich als Künstler zu beweisen; er braucht nur die Geschichte auf seine Weise zu erzählen, dann kommt die Kunst ganz von selbst”, schreibt Science-Fiction-Autor Orson Scott Card über Whedons Kino-Debüt, und dem ist nichts hinzuzufügen. Bärbel Schnell


Vom Heimkehren, einem Füllhorn ... und, vielleicht, einem Kerl im Kilt – Interview mit Joss Whedon Nathan Fillion und Summer Glau 

Als man mir bei der Pressevorführung zu SERENITY mitteilte, dass Joss Whedon zu Interviews nach Deutschland kommen würde, war ich hemmungslos begeistert. Zwar habe ich leider nicht das erhoffte Einzelinterview bekommen. Dafür wurde mir aber ein paar Tage vor dem Termin mitgeteilt, dass ich Nathan Fillion und Summer Glau ebenfalls interviewen müsste. Müsste. Wie überaus schrecklich. 'g'

Das war dann auch gleich die erste Runde. Nathan und Summer stehen von dem Tisch auf, an dem sie uns erwartet haben, um uns die Hand zu schütteln und nach unseren Namen zu fragen, und dann bricht Nathan mit einer kleinen Standup-Einlage das Eis und fragt Summer, wie es denn nun wirklich war, mit einem so talentierten Schauspieler wie Nathan Fillion zusammenzuarbeiten. Woraufhin Summer so tut, als hätte sie den Namen noch nie gehört. Allgemeines Kichern, und dann an die Arbeit (die in diesem Fall natürlich auch ein Vergnügen war). Übrigens: Summer ist absolut hinreißend, hat einen herrlichen Schelmenhumor, und für so ein zierliches Persönchen strahlt sie erstaunliche Kraft aus. Und Nathan schafft es mit links, einen gleichzeitig aus dem Konzept zu bringen (vielleicht, weil er so viel größer ist, als ich ihn mir vorgestellt/in Erinnerung hatte 'g') und in Sicherheit zu wiegen.

F: Als ich Nathan sage, dass ich FIREFLY auf DVD gesehen habe, unterbricht er mich sofort: Woher wusstest du davon? Ich sage ihm, dass man es mir in einem CompuServe-Forum empfohlen hat. Wie ich daran gekommen bin? Bei amazon bestellt. Hat es dir gefallen? Sehr, sehr, sehr gut. Freut mich, das zu hören. Als die letzte DVD näher rückte, kam allerdings diese Mischung aus Traurigkeit und Unglauben auf, dass das wirklich alles sein sollte. Wie war das für ihn?

Nathan (aus tiefstem Herzen): “Oh je. Weißt du, man hat uns ja nicht abgesetzt, weil die Serie schlecht war. Ich hatte den anderen gerade noch gesagt, sie sollten nicht aufgeben, dass wir unsere Sache großartig machen, klar, wir waren die Underdogs, aber es würde schon alles gut werden, und am selben Tag hat man uns abgesetzt. Ich war wirklich völlig überrumpelt. Und ich war alles andere als fertig mit Malcolm Reynolds.”
(Hatte ich schon erwähnt, dass er rührend dafür gesorgt hat, dass Summer auch zu Wort kam?)

Summer: “Für mich war das die reine Magie. Ein Teil von mir konnte nicht glauben, dass es vorbei sein sollte. Aber nichts geschieht ohne Grund, und hier sind wir nun, und alles ist noch größer und schöner geworden.”

F: Jane Espenson schreibt in ihrer Anthologie FINDING SERENITY, dass sich FIREFLY für alle Beteiligten zu so etwas wie einem Lebensstil/Lebensinhalt entwickelt hat?

Nathan: “FIREFLY hat mein ganzes Leben vereinnahmt. Es war mein Leben. Eine Zeitlang gab es für mich gar nichts anderes, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass ich etwas verpasse. Und jetzt bestätigt mich dieser Film in meiner Überzeugung, dass wir es so verkehrt nicht gemacht haben können.”

Summer: “Ja, das war wie eine Heimkehr. Ich hatte die Hoffnung auf ein Wiedersehen nie aufgegeben.”

F: Und jetzt?

Nathan (der durchaus die eine oder andere Eigenschaft mit Mal gemeinsam hat): “Jetzt spielt dieser Film 200 Million Dollar ein, größtenteils dank der deutschen Fans, die ihn sich wieder und wieder ansehen werden und all ihre Freunde mitschleifen, und dann drehen wir noch drei Teile ... was für eine Trilogie ein bisschen komisch klingt, weil es ja vier sind ...”

F: War es schwierig, wieder in diese Rolle zu schlüpfen?

Nathan: “Überhaupt nicht, weil wir uns ja nicht aus den Augen verloren hatten. Was komisch war, war, Summer in Rivers Kostüm aus dem Wohnwagen kommen zu sehen, oder Jewel in Kaylees, und das war wirklich ein Wiedersehen. Diese Figuren hatten mir so sehr gefehlt. Es war schön, sie zu sehen. Außerdem hatten wir beim Drehen der Serie so viel über die Figuren erfahren, dass wir hier sofort zur Sache kommen konnten. Die Hausaufgaben waren gemacht, und wir standen ganz ungeduldig in den Startlöchern.”

F: Würdest du die Figur des Mal mit Han Solo vergleichen?

Nathan: “Er ist wie ein Han Solo ohne den Charme. Wenn das Imperium noch länger auf Han Solo herumgetrampelt wäre, wäre er Mal ähnlicher geworden. Mal bekommt pausenlos Prügel, und was ich so an ihm mag, ist, dass er einfach nicht aufgibt.”

F: Apropos Wiedersehen, in den Fortsetzungen werdet ihr auf zwei der Figuren verzichten müssen.

Nathan: “Habt ihr vor, das vor dem Filmstart herauszuplaudern? [Kollektives NEIN!!!] Bei Joss Whedon hat die Geschichte immer Priorität. Welchen Sinn hat es, wenn man sagt, da sind diese Leute, und sie sind bereit zu sterben, aber dann stirbt niemand? Wenn niemand sein Leben opfert, bleibt eine solche Aussage bedeutungslos.”

Summer: “Das war ziemlich hart, weil wir die Figuren lieben, als wären sie unsere Freunde, aber ich finde, dass es den Film umso beeindruckender macht.”

Nathan zum Thema Freunde: “Ich habe einen sehr kleinen Freundeskreis. Wer da hereinwill, muss warten, bis jemand stirbt.” Zu Summer: “Du bist schon drin, du brauchst niemanden umzubringen.” Summer, ohne mit der Wimper zu zucken: “Ich wüsste aber, wie.”

F: Meint ihr, dass einige der Fans SERENITY zu ernst nehmen?

Summer: “Wir hängen unglaublich an diesen Figuren. Man muss das als Schauspieler mit Leib und Seele spielen, es bedingungslos lieben. Natürlich nehmen wir unsere Bedeutung als Schauspieler nicht zu ernst, aber den Film nehmen wir sehr ernst. Und wir können bestimmt die Fans nicht kritisieren, weil sie es genau so lieben, denn ohne sie wären wir ja nicht hier.”

Nathan: “Außerdem laufen in den Staaten überall Fans mit diesen albernen Jayne-Mützen herum. Das sind Fans, die sich bestimmt nicht zu ernst nehmen.”

F (an Summer, die den Großteil ihrer Stunts selbst ausgeführt hat, ohne dabei mit Seiten zu arbeiten): Du hast vorher Ballett getanzt. Wolltest du immer schon Schauspielerin werden, oder war das Zufall?

Summer: “Ich hatte Talent zum Tanzen. Ich hatte einen Unfall, und erst da habe ich ans Umsteigen gedacht. Als ich nach L.A. gekommen bin, habe ich niemandem erzählt, dass ich Tänzerin bin, weil ich Angst hatte, alle würden glauben, ich bin eine Tänzerin, die sich als Schauspielerin ausgibt. Dann habe ich diese Rolle als Ballerina bekommen [in der Angel-Folge “Liebe und andere Schwierigkeiten” ], und das war's. Ich habe angefangen, mit Joss zusammenzuarbeiten – und hier bin ich nun.”

An diesem Punkt kommt die Pressevertreterin herein und fragt: “Alles klar?” Was offensichtlich PR-Sprache ist für: “Seid ihr fertig, den wenn nicht, Pech gehabt.”

Nathan (mit verständnislosem Blick): “Alles ...?”


Und dann schiebt man uns freundlich, aber bestimmt, ins nächste Zimmer, wo uns ein vom Jet-Lag gebeutelter Joss Whedon tapfer erwartet. Scherze machen kann er aber noch.

F: War es schwierig, die Schauspieler für diesen Fim zurückzuholen?

Joss: “Ja, ich musste sie mehr oder weniger erpressen. Das war allerdings einfach, weil sie alle Mörder sind ... Im Ernst, wir waren ja alle in Verbindung geblieben, und ich hatte allen versprochen, dass ich alles tun würde, um diesen Film möglich zu machen, also war es von Anfang an eine kollektive Anstrengung ... mit ein bisschen Erpressung ...”

F: Einen SERENITY-Comic gibt es auch?

Joss: “Ja, er schlägt die Brücke von der Serie zum Film, und eigentlich war er nur für die ganz eingefleischten Fans gedacht. Aber ich kann gar nicht genug betonen, dass man die Serie nicht kennen muss, um den Film zu sehen ... und dass sie alle Mörder sind ...”

F: Das war nicht dein erster Comic, es gibt Buffy-Comics, du arbeitest für die X-Men-Serie, und dein nächstes Leinwandprojekt ist ebenfalls eine Comicverfilmung. Was fasziniert dich so an Comics als Erzählform?

Joss: “Ich bin mit Comics groß geworden, ich liebe sie über alles, und sie haben großen Einfluss auf die Art, wie ich Geschichten erzähle und wie ich filme, auf meinen visuellen Stil genau so wie auf meinen Schreibstil [an diesem Punkt ist es sechs Uhr, und draußen fangen Kirchenglocken an zu läuten], und eigentlich hätte ich jetzt aufgehört, aber dann fällt mir ein, oh, wir sind ja nicht beim Fernsehen, Glocken sind kein Problem ... Comics sind mehr oder weniger die Mythologie unserer Zeit. Die Kinder glauben heute nicht mehr an den Weihnachtsmann, aber an Batman glauben sie noch. Comics sind längst keine Randerscheinung mehr, deshalb besteht so viel Interesse daran, und ich kann all diese Sachen machen und 'Wonder Woman' drehen, was ich sehr aufregend finde -- aber im Grunde sind sie einfach die Sprache, die ich spreche; ich habe Comics immer schon geliebt, geliebt, geliebt, schon, als das Heft noch zwanzig Cent gekostet hat, was kosten sie jetzt, drei Dollar? Ich bin schon sehr alt ...”

F: Nathan Fillion hat uns gerade erzählt, dass SERENITY 200 Millionen Dollar einspielen wird und es drei Fortsetzungen geben wird?

Joss: “Dieser Nate. Dieser Film wird Hunderte von Dollars einspielen ... Tja, es ist noch früh, und das ist so typisch für dieses Projekt [schlägt DRAMATISCHEN Tonfall ein], seit fünf Jahren IST ES EIN EINZIGER KAMPF. [Flüstert] Gott, ich hasse diesen Film ... Es hängt einfach alles davon ab, wie er sich in den nächsten Wochen schlägt. Fest steht, dass ich diesen Film liebe, und die Leute sprechen wunderbar darauf an, und wir warten jetzt das zweite Wochenende ab, nicht unbedingt, weil er abheben wird, aber vielleicht hält er sich ja und bricht nicht um 50% ein wie die Blockbuster. Es ist so, ich könnte nach diesem Film mit dem Thema abschließen und trotzdem weiterleben – solange ich Universal nicht tatsächlich Geld koste, denn dann hätte ich ein schlechtes Gewissen, weil sie bereit waren, mit dieser Geschichte ein Risiko einzugehen (und da es ein Sci-Fi-Film ist, kann er unmöglich einen Oscar gewinnen), bin ich froh. Aber wenn ich Fortsetzungen drehen darf, freue ich mich noch mehr, weil [mysteriöser Ton] ich ein paar coole Ideen zu Books Vergangenheit habe.”

F [und was für eine herrliche Antwort]: Wie konntest du denn diese beiden Figuren umbringen, und wie wirst du sie zurückholen?

Joss: “Ich würde sagen, die Antwort auf den ersten Teil ist, absolut ungeniert, und die Antwort auf den zweiten Teil, absolut legitim.”

F: Der Film sieht nicht aus wie eine aufgeblasene TV-Serie, sondern wie ein richtiger Kinofilm. Was war anders bei der Arbeit daran?

Joss: “Zwei Faktoren. Der erste ist tatsächlich Geld, das uns in die Lage versetzt hat, ein paar Dinge zu machen, die bei einer Fernsehproduktion nicht möglich gewesen wären. Der zweite, viel wichtigere ist Jack Green. David Boyd, der die Serie gefilmt hat, war hoch talentiert, aber Jack Green ... ist Jack Green. Er kommt mit zwei Scheinwerfern zurecht, wo andere Leute 35 nehmen würden, er ist schneller als eine ganze Reihe von Kameramännern, die beim Fernsehen arbeiten, und er ist der freundlichste Mensch, dem ich je begegnet bin. Diese positive Energie ist ebenfalls sehr wichtig, denn der Kameramann ist der Kopf der Crew, und zusammen mit dem Star und dem Regisseur bildet er das energetische Dreieck. Diese drei Leute sind am wichtigsten für die Stimmung am Set, und er und Nathan konnten gut auffangen, dass ich so ein @rsch bin. Dank Jack sieht das Ganze so hervorragend aus. Ich kann ihn gar nicht genug loben.”

F: Dann wirst Du bei 'Wonder Woman' wieder mit ihm arbeiten?

Joss: “Ich habe unbedingt vor, wieder mit ihm zu arbeiten, aber ich kann noch nicht sagen, bei welchem Projekt. 'Wonder Woman' wird ein riesiges Studioding, bei dem eine Menge einflussreiche Stimmen mitreden werden. SERENITY war ein Schritt nach vorn, und 'Wonder Woman' wird ein weiterer Schrit nach vorn in Bezug auf den Einfluss, den ich letztlich habe.”

F: Was war es für ein Unterschied für dich als Erzähler, bei der Fernsehserie (zumindest theoretisch) alle Zeit der Welt zu haben und jetzt alles in einen Zwei-Stunden-Film packen zu müssen?

Joss: “Oh, es gab Unterschiede, aber sie fallen mir nicht mehr ein ... Es ist mir sehr, sehr schwer gefallen, denn das Problem war das Füllhorn, das mir zur Verfügung stand, die Tatsache, dass ich so viele interessante Figuren hatte, dass ich gar nicht die Zeit hatte, alles zu tun, was mir vorschwebte. Ich musste in einer Art Steno beschreiben, wer die Figuren waren und in welcher Beziehung sie zueinander standen, und das war hart. Ein paar Dinge aus der Serie sind auch einfach nicht mehr aufgetaucht. Kaylee und Inara waren in der Serie innig befreundet, und im Film wechseln sie kein Wort miteinander. Ich lasse Inara bei einem Streit die Hand auf Kaylees Schulter legen, damit man sich daran erinnern kann, dass sie Freundinnen sind. Simon und Jayne waren in der Serie der Brüller; hier gehen sie geradezu höflich miteinander um. Das Gute daran ist aber, dass dieser Überfluss dem Film mehr Tiefenstruktur verleiht; jede Figur in diesem Film hat eine Daseinsberechtigung, er ist voller Leben und menschlicher Energie, und darum geht es schließlich. Und so war am Ende die größte Schwierigkeit gleichzeitig das größte Wunder.”

F: Waren Sie durch diesen Zeitmangel manchmal auch automatisch zu besonders eindrucksvoller Knappheit gezwungen, wie in dem Wortwechsel zwischen Mal und Zoe, als sie das Schiff reparieren und er sie fragt, ob es fliegen wird?

Joss: “Hat Nathan euch davon erzählt? Nein? Tja, Nathan nimmt alles extrem genau, und er ist ein sehr, sehr heller Kopf, der sich ständig Gedanken über seine Figur macht. Gina und ich unterhalten uns also über diese Szene, und sie sagt, Zoe meint doch gar nicht das Schiff, die Rede ist von mir, und er sagt: 'WAS? Was? Wirklich? Oh mein Gott, das habe ich überhaupt nicht mitbekommen.' Er hat es nicht gemerkt, und wir haben ziemlich gelacht. So ist Nathan. [senkt die Stimme] Mörder. So etwas findet sich überall in meiner Arbeit wieder. Geh nicht mit der Botschaft hausieren, sondern versteck sie, transportiere sie über die Beziehung zwischen den Figuren.”

F: Woher das Faible für Figuren mit außergewöhnlichen Begabungen?

Joss: “Weil ich nun einmal viel zu viele Comics gelesen habe. Eigentlich wollte ich mit SERENITY weg von diesem Fantasy-Element, aber dann kam River, die viel mit Buffy gemeinsam hat, denn auch sie ist eine Superheldin, kann übernatürlich gut kämpfen, und sie hat ihre Superheldeneigenschaft, weil sie Gedanken lesen kann. Das ist ein echtes Sci-Fi-Element. Man könnte die ganze Besatzung als Gruppe von Superhelden betrachten. Wash ist ein unglaublicher Pilot; Kaylee ist ein Genie als Mechanikerin, jeder von ihnen hat irgendetwas, das ihn zu etwas Besonderem macht, und ich glaube, deshalb fliegen die Leute auch so auf diese Geschichten: Diese Figuren, die so unvollkommen, so menschlich und so normal sind, sind trotzdem Helden, sie sind überlebensgroß, sie sind ein kleines bisschen cooler, ein kleines bisschen witziger, sogar die Dummen, und dieses Zusammenfließen von Heldenhaftem und Alltäglichem ist der Kern meiner ganzen Arbeit. Damit sage ich im Grunde, ihr seid die Helden. Denn ich erzähle nur davon, dass das Leben wirklich hart ist, und die, die es anständig und aktiv leben, sind die wahren Helden. Und das hören die Leute gern.”

F: Können die Schauspieler Einfluss auf die Geschichte nehmen?

Joss: “_Was_ soll ich dazu sagen? Hier und da eine Zeile. Nathan, wenn er in desem Film sagt, 'schneller, schneller, SCHNELLER wäre gut', und ich habe gesagt, warum schreibe ich das eigentlich, du kannst es doch auch. Ansonsten, nein. Ich höre mir keine Vorschläge von ihnen an. Oder doch, manchmal schon, weil es lustig ist, weil ich dann zu ihnen sagen kann, übrigens, das Studio besteht darauf, dass ich das Drehbuch schreibe. Das ist einfach mein Job, herauszufinden, was die Figuren vorhaben. Es entsteht trotzdem eine Zusammenarbeit, wenn man gut zuhört. Bei einer Fernsehserie muss man irgendwann anfangen, auf die Schauspieler zu hören. Was können sie am besten, was liegt ihnen? Wenn man sie gut kennt, färbt das auf die Geschichte ab, und wenn man sich zum Beispiel Buffy ansieht, so ist Giles immer lockerer geworden, Willow immer sexier – und alles waren von sich aus kooperativ, weil sie wussten, dass ich auf sie höre. Bei SERENITY hatten wir einen Fünfzehn-Folgen-Workshop mit den Figuren hinter uns, also wusste ich, wo ihre Interessen lagen und was jeder von ihnen mitbrachte. Aber wenn es an das eigentliche Drehbuch geht ... wenn jemand mit einer brauchbaren Idee kommt, ist es nicht so, dass ich dagegen wäre, sie zu benutzen, ich hätte einfach Hemmungen. Jewel hat immer gesagt, ich möchte in der Fortsetzung schwanger sein, und Gina hat schon gesagt, wahrscheinlich bin ich schwanger, und Jayne möchte einen Kilt tragen, und lieber Gott, warum eigentlich nicht?”

F: Würde eine Rückkehr zum Fernsehen für dich in Frage kommen, würdest du noch einmal ein ganz neues Konzept entwickeln?

Joss: “Ich habe Ideen für Fernsehserien, und ich würde es gern tun. Ich liebe das Fernsehen. Allerdings hätte ich gern so viel Einfluss, dass sie mir, wenn ich zurückgehe, erlauben, wenigstens eine Staffel lang zu bleiben.”

7. Oktober 2005, © Barbara Schnell



[Barbara Schnell • bschnell@bschnell.de]